Leitsymptome
 
W. Klee  
 

Prüfungsstoff
 

Im Folgenden werden einige wichtige Symptomenkomplexe aus dem Bereich der Atemwegserkrankungen sowie die dabei jeweils hauptsächlich in Betracht zu ziehenden Erkrankungen vorgestellt. Darüber hinaus werden einzelne Krankheiten aus diesem Gebiet besprochen.
 
 
Atemnot bei neugeborenen Kälbern
Husten und Nasenausfluss bei Aufzucht- oder Mastrindern
Starker Nasenausfluss mit oder ohne Schniefen
Starke Veränderungen der Nasenschleimhaut und der Umgebung
Nasenbluten
Laute Stenosegeräusche und Dyspnoe bei einzelnen Kälbern oder älteren Rindern
Gehäuft auftretender Husten bei Rindern mit Zugang zu Grünfutter
Akute oder chronische, hochgradige, vorwiegend exspiratorische Dyspnoe

 

Leitsymptom: Atemnot bei neugeborenen Kälbern

Schwergeburtsbedingte Hypoxie und Azidose ("Frühasphyxie")
Auftreten: sofort post natum.
    schwere maternale Azidose oder Verlängerung der Geburtsdauer

Spätasphyxie
Auftreten: einige Stunden post natum.
Ursache: Unreife der Lungen (Mangel an Surfactant. Lecithin/Sphingomyelin-Quotient in der Amnionflüssigkeit liegt unter 2,0)
 
 

Leitsymptom: Husten und Nasenausfluss bei Aufzucht- oder Mastrindern

Hier ist in erster Linie die sogenannte Kälber- oder Rindergrippe, also die enzootische Bronchopneumonie (EBP, siehe dort), zu nennen.
 
 

Leitsymptom: Starker Nasenausfluss mit oder ohne Schniefen

Hier ist nicht jeder geringfügige Nasenausfluss gemeint, sondern ein stärkerer, der sofort auffällt.

Rhinitis
Rhinitis hat als Krankheitsprozess untergeordnete Bedeutung, abgesehen von extremen Fällen, in denen der Durchtritt von Luft durch die Nasenhöhle blockiert ist. Ihre Hauptbedeutung liegt darin, dass sie ein Symptom für das Vorliegen einiger spezifischer Krankheiten sein kann.

Fibrinös-eitrig-nekrotisierende Rhinitis
Sporadisch auftretende Erkrankung, die zu sehr starkem, fibrinös-eitrigem Nasenausfluss führt. Ursache unbekannt. Spricht nach Berichten aus der Praxis auf antiinfektiöse und antiphlogistische Behandlung an.

Obstruktion der Nasenhöhlen
kommt bei Rindern gelegentlich vor. Ursachen sind meist Tumoren oder aktinomykotische Veränderungen. Die Diagnose kann nicht immer am lebenden Tier gestellt werden. Wenn der Zustand des Tieres es erlaubt, ist eine versuchsweise Behandlung wie bei Aktinomykose (s. dort) angezeigt.

Sinusitis frontalis
Meist handelt es sich um eitrige Entzündung der Stirnhöhle, also um ein Stirnhöhlen-Empyem (Empyem = Eiteransammlung in einem vorgeformten Raum). Die beiden wichtigsten Ursachen sind Hornzapfenbruch mit Eröffnung und Infektion der Stirnhöhle und Komplikationen nach der Enthornung erwachsener Rinder. Klinische Erscheinungen: Fieber, Benommenheit, Zähneknirschen, in extremen Fällen Auftreibungen des Schädels, eitriger Ausfluss aus der Nase und/oder aus der eröffneten Stirnhöhle. Bei einseitiger Erkrankung kann der Klopfschall der betroffenen Seite dumpfer als derjenige der gesunden Seite sein. Behandlung: Absetzen des entsprechenden Hornes, Spülung mit warmen Lösungen von milden Desinfektionsmitteln, Instillation von Antibiotika, notfalls Trepanation und Eröffnung und entsprechende Behandlung der oralen Abteilung der Stirnhöhle.
Literatur: PubMed

Otitis media (et interna)
Dieser Erkrankung als Ursache für Nasenausfluss ist ein eigenes Kapitel gewidmet: Otitis media.
 
 

Leitsymptom: Starke Veränderungen der Nasenschleimhaut und der Umgebung

Hier sind einige schwerwiegende Infektionskrankheiten zu nennen (s. jeweils dort): IBR, MD, BKF, MKS, Rinderpest
 
 

Leitsymptom: Nasenbluten

Epistaxis (wenig Blut) oder Rhinorrhagie (viel Blut) bedeutet Blutung aus der Nase, Hämoptysis (= Hämoptoe) ist das Aushusten von Blut aus dem unteren Respirationstrakt. Nasenbluten kommt beim Rind nicht allzu häufig vor, bereitet dann aber mitunter diagnostische Schwierigkeiten. Es muss zunächst versucht werden, den Ausgangspunkt der Blutung zu finden. Konstant einseitiges Nasenbluten spricht dafür, dass der Ursprung kranial des Larynx liegt. Der Pansensaft zeigt meist keinen Hinweis auf Blutbeimischung. Beidseitiges Nasenbluten spricht dafür, dass der Ursprung kaudal des Larynx liegt, also in der Trachea oder tiefer, oder dass beide Nasenhöhlen betroffen sind (s.u.). Hierbei wird Blut abgeschluckt, was zu Verfärbung des Pansensaftes (in ausgeprägten Fällen auch des Kotes) führen kann.) Blutig-schaumiger beidseitiger Nasenausfluss spricht für akutes Lungenödem. Meist wird das Tier innerhalb kurzer Zeit sterben.

Mögliche Ursachen für Nasenbluten

Vorwiegend einseitig:

Vorwiegend beidseitig, meist verbunden mit weiteren Symptomen der zugrunde liegenden Krankheit: Und letztlich ist daran zu denken, dass es bei Milzbrand zu Blutaustritt aus den Körperöffnungen, also auch aus der Nase, kommt.
 
 

Leitsymptom: Laute Stenosegeräusche und Dyspnoe bei einzelnen Kälbern oder älteren Rindern

Trachealkollaps
Ursache: Fraktur vorderer Rippen bei Schwergeburt mit anschließender Kompression und Kollaps der Trachea durch Kallusbildung. Erkennbare Probleme treten meist erst nach etwa 2 bis 6 Wochen auf. Symptome: akute Atemnot, lautes inspiratorisches Rohren, am lautesten über der Apertura thoracis cranialis (!). Therapie (sehr fragwürdig): Operative Stabilisierung der kollabierten Trachea mit Hilfe von Plastikringen; ggf. Resektion von überschießendem Kallus
Literatur: PubMed

Larynx- und/oder Tracheazysten
Diese Zysten können im Verlauf von Wochen so groß werden, dass sie das Larynx- oder Trachealumen mehr oder weniger verlegen. Diagnose (und Therapie) nur über Endoskopie möglich.

Pharyngitis
Läsionen (z.B. durch Anwendung von Boluseingebern) führen zu retropharyngealer Phlegmone sowie Schwellung und Abszedierung der retropharyngealen Lymphknoten. Therapie: Spaltung von innen oder von außen.
Literatur: PubMed

Laryngitis
Bei Rindern aller Altersklassen, vorwiegend aber bei Kälbern, tritt vereinzelt eine Entzündung des Kehlkopfes auf. Das Krankheitsbild ist durch sehr laute inspiratorische Stenosegeräusche gekennzeichnet und erscheint manchmal sehr bedrohlich. Ursache: Husten -> Schleimhautläsionen am Kehlkopf -> Ansiedlung von im Nasopharynx beheimateten Bakterien. Erreger: Trueperella pyogenes, Pasteurellen, Fusobacterium necrophorum ("Nekrobazillose"). Die Stenose und damit die Geräusche und die Atemnot verstärken sich bei Aufregung, was auch bei der Untersuchung zu berücksichtigen ist. Mitunter gibt erst die Untersuchung Anlass, eine Not-Tracheotomie durchzuführen. Zweck der Untersuchung ist es herauszufinden, ob es sich um einen diffusen phlegmonösen oder um einen umschriebenen eitrig-nekrotisierenden Prozess handelt. Im ersten Fall hat eine mehrtägige allgemeine Antibiose Aussicht auf Erfolg, im zweiten Fall bleibt meist nur die chirurgische Intervention, die aber auch in der Hand erfahrener Operateure nicht mehr als 50 % Erfolg bringt. Es besteht hierbei ein erhebliches Risiko für sekundäre Aspirationspneumonien.
Literatur: PubMed

Jungtierleukose (s. dort)
Schwellung aller Lymphknoten, auch der retropharyngealen.
 
 

Leitsymptom: Gehäuft auftretender Husten bei Rindern mit Zugang zu Grünfutter

Sozusagen bis zum Beweis des Gegenteils ist an Lungenwurmbefall (siehe dort) zu denken.
 
 

Leitsymptom: Akute oder chronische, hochgradige, vorwiegend exspiratorische Dyspnoe
Siehe unter "Interstitielle Pneumonie"
 
  


Letzte Änderung: 28.09.2013


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