Glossar -N-
 
 
 
 

Negative Energiebilanz, NEB

 

Nierenfunktionsproben

 

 



 

Negative Energiebilanz, NEB s. Energiebilanz, negative
 

Nierenfunktionsproben*

Folgende Nierenfunktionen sind einer Überprüfung durch relativ einfache Methoden mit für den "klinischen Hausgebrauch" hinlänglicher Genauigkeit zugänglich:

Die Konzentrationsfähigkeit wird am einfachsten durch die Messung der Harndichte beurteilt. Hierzu gibt es verschiedene Methoden. Die Dichte lässt sich direkt mit einer Senkspindel (Aräometer) bestimmen. Die in der Praxis häufiger verwendeten Refraktometer messen nicht die Dichte, sondern die Ablenkung des Lichts, den so genannten Refraktionsindex, der nur von der Zahl der pro Volumeneinheit gelösten Teilchen abhängt, nicht aber von ihrer Masse. Da die Art und die Relation der im Harn vorkommenden  Teilchen aber einigermaßen konstant sind, besteht eine hinlänglich gute Korrelation zwischen Dichte und Refraktionsindex. Weitere Möglichkeiten zur Bestimmung der Dichte wären die Wägung eines bestimmten Harnvolumens oder der Vergleich der Masse eines bestimmten Harnvolumens mit derjenigen des gleichen Volumens an reinem Wasser. Im ersteren Fall hätte die Dichte eine Dimension (g/L), im letzteren Fall nicht (relative Dichte).

Bestehen hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit der Nieren eines Patienten Zweifel, weil die in einer gewonnen Harnprobe gemessene Dichte nahe dem unteren Rand des für die jeweilige Tierart (und Altersgruppe) verwendeten Referenzbereichs liegt, empfiehlt sich die Durchführung des so genannten VOLHARDschen Konzentrationsversuches, indem der Patient 12 ( bis 24) Stunden dürsten gelassen und die Messung danach wiederholt wird. Bei dehydrierten Patienten und solchen mit Azotämie ist die Probe jedoch nicht indiziert. Allerdings sollte bei dehydrierten Patienten mit erhaltener Konzentrationsfähigkeit der Nieren die Harndichte ohnehin deutlich erhöht sein.

Zur Abschätzung der glomerulären Filtration:

Wenn davon ausgegangen wird, dass Kreatinin in einem Organismus endogen in konstanter Rate freigesetzt wird (Masse Kreatinin/Körpermasse/Zeit) und nur glomerulär filtriert, tubulär weder sezerniert noch rückresorbiert wird, dann entspricht die pro Zeiteinheit endogen entstehende Masse an Kreatinin der in der gleichen Zeiteinheit mit dem Endharn ausgeschiedenen Masse an Kreatinin. Der Kreatinin-Pool (zu einem bestimmten Zeitpunkt im Organismus enthaltene Masse an Kreatinin) bleibt also auch ziemlich konstant, und die Kreatininkonzentration (Kreatinin-Pool/Verteilungsraum) hängt dann im Wesentlichen von der Größe des Verteilungsraumes ab.

Die renale Clearance einer Substanz (z. B. Kreatinin)  ist das Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit durch renale Elimination der Substanz ganz befreit wird. Dieses Volumen ist natürlich virtuell. Wenn als Zeiteinheit eine Minute gewählt wird, dann ist die in diesem Zeitraum vom Organismus abgegebene Masse an Kreatinin in dem Endharnvolumen enthalten, das in einer Minute entsteht. Diese Masse an Kreatinin errechnet sich durch Multiplikation des Harnminutenvolumens (V) mit der Kreatininkonzentration im Harn (UKr). Die Kreatinin-Clearance (CKr) entspricht dann dem Plasmavolumen, in dem diese Kreatininmasse gelöst ist, was sich durch Division durch die Plasmakonzentration von Kreatinin (PKr) errechnen lässt.

CKr = UKr*V/PKr

Wenn Kreatinin, wie oben vorausgesetzt, nur durch glomeruläre Filtration ausgeschieden wird, tubulär also weder sezerniert noch rückresorbiert wird, dann entspricht das eben berechnete Plasmavolumen genau dem, das pro Zeiteinheit glomerulär filtriert wird, denn es enthält die Masse an Kreatinin, die pro Zeiteinheit mit dem Endharn ausgeschieden wird.  Das heißt, die Kreatinin-Clearance entspricht der glomerulären Filtrationsrate (GFR).

Wenn die oben ebenfalls vorausgesetzte Konstanz der Ausscheidung von Kreatinin zutrifft, muss das Produkt

UKr*V

konstant sein.

Aus der Formel für die Kreatinin-Clearance ergibt sich, dass dann das Produkt

CKr*PKr genau dieser Konstante entsprechen muss:

CKr*PKr = konstant

x*y = konstant

stellt die Formel einer Funktion dar, deren Graph eine Hyperbel ist.

 

 

Das hat klinisch relevante Konsequenzen. Zur Abschätzung der Höhe der GFR ist lediglich die Bestimmung des Plasmaspiegels von Kreatinin nötig. Wenn die GFR im dargestellten (realistischen) Beispiel von 3,0 ml/min/kg auf die Hälfte sinkt, dann steigt der Kreatinin-Plasmaspiegel so lange, bis die konstante pro Zeiteinheit endogen anfallende Masse an Kreatinin (300 µmol/kg/min) im halben Plasmavolumen angeliefert und filtriert wird, im gewählten Beispiel also auf 200 µmol/L).

In verschiedenen Büchern  wird ausgeführt, der Kreatinin-Plasmaspiegel sei ein wenig empfindlicher Indikator für die GFR und reagiere erst, wenn ein erheblicher Teil der Nieren insuffizient geworden sind. Wenn die oben gemachten Annahmen zutreffen, stimmt diese Behauptung nicht, wie sich aus dem Schaubild ergibt. Jede noch so geringe Einschränkung der GFR muss mit einer Erhöhung des PKr einhergehen. Der mitunter so genannte "kreatininblinde" Bereich der GFR-Einschränkung resultiert daraus, dass PKr zunächst tatsächlich relativ wenig ansteigt, dass die Obergrenze des Referenzbereiches (beispielsweise 150 µmol/L) statistischer Natur ist und auf der Basis der Messung der Werte vieler verschiedener Individuen ermittelt wurde, dass die individuellen Ausgangswerte eines Patienten selten bekannt sind und dass es eine unvermeidliche Variation bei der Kreatinin-Bestimmung im Labor gibt.

Zur tubulären Rückresorption:

Die oben angegebene Formel für CKr (= GFR) lässt sich in folgender Weise umformen:

GFR/V = UKr/PKr

Das bedeutet, dass das Verhältnis der Kreatinin-Konzentration im Harn zu derjenigen im Plasma (der so genannte Kreatinin-Harn/Plasma-Quotient) angibt, wie stark die GFR bis zum Endharn volumenmäßig "eingeengt" wurde. Wenn also beispielsweise die Kreatinin-Konzentration im Harn 5 mmol/L (= 5000 µmol/L) und die Kreatinin-Plasmakonzentration 100 µmol/L beträgt, bedeutet das, dass der Endharn nur noch 1/50 (= 2 %) der GFR ausmacht, also 98 % davon rückkresorbiert wurden.

Zwei für den Organismus wichtige Substanzen, die beide frei filtriert werden, im Primärharn also die gleiche Konzentration wie im Plasma haben, sind Natrium und Glukose. Glukose wird unter physiologischen Bedingungen tubulär völlig rückresorbiert, taucht also im Endharn nicht in Konzentrationen auf, die mit den üblichen Teststreifen erfasst wird. Ist der Glukose-Blutspiegel nicht erhöht, weist anhaltende Glukosurie daher auf eine Verminderung der tubulären Rückresorptionskapazität (= "Nierenschwelle") hin.

Natrium hat als "osmotisches Skelett" des Extrazellulärraums große Bedeutung für den Organismus und wird daher nach glomerulärer Filtration ebenfalls zum größten Teil tubulär rückresorbiert. Der prozentuale Anteil des nicht rückresorbierten, also mit dem Endharn verlorenen Natriums am glomerulär filtrierten Natrium, die so genannte Eliminationsfraktion von Na, EFNa (in manchen Büchern auch fraktionelle Elimination von Na, FENa, genannt), stellt ein weiteres Maß für die Rückresorptionskapazität dar und kann leicht berechnet werden. Ausgangspunkt ist wiederum die Überlegung, dass die CKr der GFR entspricht. Dann errechnet sich die glomerulär pro Zeiteinheit filtrierte Masse an Na durch Multiplikation der GFR (= CKr) mit der Natrium-Plasmakonzentration (PNa).

Pro min glomerulär filtrierte Na-Masse = PNa* GFR = PNa*UKr*V/PKr

Die pro gleicher Zeiteinheit (min) mit dem Endharn ausgeschiedene Na-Masse ergibt sich analog durch Multiplikation der Na-Harnkonzentration (UNa) mit dem Harnminutenvolumen (V).

Pro min mit dem Endharn ausgeschiedene Na-Masse = UNa*V

Zaghaften Gemütern, die aufgrund der Tatsache, dass das schwer bestimmbare Harnminutenvolumen in den Formeln auftaucht, an dieser Stelle aufgeben wollen, möchte ich Mut zusprechen.

Wie oben ausgeführt,  bedeutet die EFNa den prozentualen Anteil der pro Zeiteinheit mit dem Endharn ausgeschiedenen Na-Masse an der in der gleich großen Zeiteinheit glomerulär filtrierten Na-Masse.

EFNa = UNa*V*100*PKr/PNa*UKr*V =  UNa*100*PKr/PNa*UKr

Zu unserer nicht geringen Freude und Verwunderung verschwindet die Größe V, also das Harnminutenvolumen, aus der Formel. Allerdings sieht die Formel noch wenig verständlich aus. Lässt man den Prozentfaktor 100 außer Acht, stellt die Formel das Verhältnis des Na-Harn/Plasma-Quotienten (UNa/PNa) zum denjenigen von Kreatinin (UKr/PKr) dar.

Der Wert für EFNa liegt physiologischer Weise unter 1 %, bei Dehydratation und intakter tubulärer Rückresorptionskapazität sogar weit darunter. Das bedeutet, dass in solchen Situationen viel mehr als 99 % des glomerulär filtrierten Natriums rückresorbiert werden.  Bei Tubulusinsuffizient kann der Wert auf 5 % und mehr ansteigen. Wenn Tiere Na-haltige Infusionen bekommen, ist eine Erhöhung der EFNa mit Vorsicht zu interpretieren.

 

* = Hinweis auf Prüfungsfragen
 

 



Letzte Änderung: 21. 9.2004



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