Das Wichtigste in Kürze
Verschluss des Dünndarms (meist Jejunum) durch ein oder mehrere Blutkoagula. Ätiologie und Pathogenese sind nicht eindeutig geklärt. Im Rahmen einer Laparotomie kann versucht werden, das Blutkoagulum durch Massage zu zerteilen. Ob ein perakuter Verlauf mit hämorrhagischer Enteritis zum selben Krankheitskomplex gehört, ist unklar. |
Ätiologie und Pathogenese | Epidemiologie |
Klinik | Diagnose |
Therapie | Prophylaxe |
Ätiologie und Pathogenese:
Nicht eindeutig geklärt. Es ist auch nicht klar, ob es sich bei den
verschiedenen Beschreibungen um ein einheitliches Krankheitsbild handelt.
Hypothesen zur Ätiologie sind u.a.
· Lokale Infektion (Enterotoxämie durch Clostridium perfringens Typ A, (experimentelle Auslösung mit Cl. perfr. aus Kühen mit JHS misslang aber; es könnte auch sein, dass Vermehrung und Toxinproduktion Folge und nicht Ursache der Krankheit sind; der Befund, dass die Darmmotorik distal der Verschlussstelle intakt ist (siehe Bild unten), spricht auch nicht für eine ausgebreitete Darminfektion),
· Infektion mit dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus (in Betracht gezogen wird auch Immunsuppression durch Toxine von A. fumigatus mit nachfolgender Darminfektion durch andere Mikroorganismen),
· Bildung umschriebener oder ausgebreiteter Geschwüre unbekannter Ursache mit Blutung und Bildung von Blutkoagula.
Epidemiologie:
Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Milchkühe. Ihre Inzidenz scheint in
den letzten 20 Jahren zugenommen zu haben. An der Klinik für Wiederkäuer der LMU
ist JHS die häufigste Ursache für Dünndarmileus bei Kühen geworden.
Es gibt Hinweise, dass Kühe der Rasse Brown Swiss eine gewisse
Prädisposition haben. Die Berichte aus den USA, wonach vor allem Kühe in der
Hochlaktation mit kraftfutterbetonter (und daher strukturarmer) Ration betroffen
sind, entsprechen nicht den Daten der Klinik. Ob bestimmte Wetterbedingungen als
Risikofaktoren wirken können, ist nicht geklärt. Auffallend ist jedoch, dass in
die Klinik öfters mehrere Fälle aus verschiedenen Betrieben kurz hintereinander
eingeliefert werden. Eine Häufung soll es im Herbst und Winter geben.
Klinik:
Dünndarmileus ist immer mit akuter Erkrankung verbunden. Plötzliche Inappetenz,
starker Rückgang der Milchleistung, Abnahme der Pansenmotorik, Zunahme des
Leibesumfangs auf der rechten Seite.
Kolik, starke Reduktion des Kotvolumens, die Fäzes nur im ganz frühen Stadium noch unverändert, bald aber blutig oder schwarzrot (wie Brombeergelee), Körperoberfläche kühl,
Tachkardie, Hypothermie, Blässe der Schleimhäute, Dehydratation, bei Schwingauskultation ist rechts Plätschern zu hören, rektal sind aufgetriebene Darmschlingen zu spüren. Laborbefunde: hypochlorämische, hypokaliämische Alkalose, Anstieg der L-Laktat-Konzentration, ausgeprägte Hyperglykämie, Hypokalzämie. Sonografische Befunde: Erweiterung von Dünndarmschlingen. Wird ein Blutkoagulum erkannt, ist das sehr hilfreich; das gelingt jedoch relativ selten. (= Die diagnostische Sensitivität dieses Befundes ist nicht sehr hoch.)
In manchen Berichten wird auch ein etwas anderes Krankheitsbild mit dem Namen HBS belegt. Im Vordergrund der Erscheinungen steht dann ein perakuter Krankheitsverlauf mit rötlich wässrigen Fäzes und kaum koaguliertem Blut. Intraabdominal werden aufgegaste Dünndärme mit rötlich-wässrigem Inhalt, aber ohne koaguliertes Blut beschrieben. Die Darmwände werden als rot-blau verfärbt mit Petechien beschrieben. Pathologisch soll es sich um eine hämorrhagische Enteritis handeln. In eingesandten Darmabschnitten wurde mikrobiologisch in mehreren Fällen Clostridium perfringens (Typ A) nachgewiesen.
Diagnose:
Bei Vorliegen des typischen Fäzesbefundes ("Brombeergelee") ist die Diagnose
relativ sicher.
Therapie:
Intensive Flüssigkeitstherapie ist indiziert. Eine ausführliche Darstellung zur
Operation befindet sich im
Skript zur Chirurgie. An der Stelle des Verschlusses ist
häufig eine scharf umschriebene hämorrhagische Infarzierung der Darmwand zu
beobachten (s. Bild). Die Meinungen darüber, ob bei der
Operation versucht werden soll, das Koagulum oder die Koagula durch Enterotomie
oder Darmresektion zu entfernen, oder besser schonend durch die Darmwand
hindurch zu zerkneten und weiterzumassieren, gehen auseinander. An der Klinik
für Wiederkäuer war der Erfolg bei Anwendung letzterer Methode besser.
Misserfolge sind vor allem auf den erneuten Verschluss durch Darmkoagula
zurückzuführen. In einigen Fällen konnte nach Relaparotomie eine Heilung erzielt
werden.
Prognose:
Die Angaben zur Letalität differieren erheblich und reichen von 47 %
(Klinikdaten) bis 100 %. Bereits festliegende Kühe sind meist nicht zu retten.
Prophylaxe:
Es gibt Berichte, dass Impfungen gegen Clostridium perfringens (Typ A)
bei bestandsweise gehäuftem Auftreten zu einer Reduzierung der Inzidenz führen.
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