Fog fever
Weideemphysem und -ödem, "Öhmd-Krankheit" (Acute bovine pulmonary edema and emphysema - ABPE)
 
W. Klee  
 
 
Das Wichtigste in Kürze

Respiratorische Erkrankung, die einer experimentell durch orale Verabreichung von L-Tryptophan auslösbaren Erkrankung sehr ähnlich ist. L-Tryptophan wird im Pansen über Indolessigsäure zu 3-Methyl-Indol, und dieses in den Pneumozyten zu dem hochtoxischen 3-Methy-2,3-epoxindol metabolisiert. Entstehende pathologische Veränderungen sind u.a. laryngeale und tracheale Blutungen, schwerer Lungenstau, Lungenödem und interstitielles Emphysem. Die Krankheit tritt spätestens 3 Wochen nach dem Wechsel auf eine bessere Weide auf. Symptome: ausgeprägte exspiratorische Dyspnoe, häufig mit exspiratorischem Stöhnen, kein oder wenig Husten, vielfach Speicheln. Auskultationsbefunde wenig spektakulär. Zum Teil subkutanes Emphysem. Letalität bei deutlich erkrankten Tieren etwa 30 %. Bei den überlebenden Tieren nach 3 Tagen deutliche Besserung, fortschreitende Heilung im Verlauf von 2-3 Wochen. Glukokortikoide und NSAID wirkungslos. Monensin ist prophylaktisch wirksam.


 

Prüfungsstoff
 
 
Ätiologie und Pathogenese
Epidemiologie
Klinische Erscheinungen und Verlauf
Therapie

 

Der Ausdruck "fog fever" wird in England seit über 200 Jahren benützt und hat nichts mit "Nebel" zu tun, sondern bezieht sich auf Weiden, von denen zunächst einmal oder öfter Heu geerntet wurde, und auf denen im Frühherbst (im Rahmen eines zweiten Wachstumsschubes) das Gras sehr üppig wächst (fog, foggage, aftermath).
 

Ätiologie und Pathogenese:
Mit oraler Verabreichung der Aminosäure L-Tryptophan kann man bei Rindern eine respiratorische Erkrankung auslösen, die dem fog fever sehr ähnlich ist. L-Tryptophan wirkt nur nach oraler Verabreichung toxisch. Es wird im Pansen mikrobiell zunächst zu Indolessigsäure und dann zu 3-Methyl-Indol (3MI, Skatol) metabolisiert. 3MI ist sowohl nach oraler als auch nach i.v.-Applikation toxisch, und der Effekt tritt rascher und regelmäßiger ein als nach oraler Verabreichung von Tryptophan. 3MI ist anscheinend selbst nicht toxisch, sondern wird in den Pneumozyten unter Beteiligung von mischfunktionellen Oxidasen (MFO) zu einer hochtoxischen Substanz weiter metabolisiert, die vorläufig als 3-Methyl-2,3-epoxindol identifiziert wurde.

Die pathologischen Veränderungen bestehen aus laryngealen und trachealen Blutungen, schwerem Lungenstau und Lungenödem mit hyalinen Membranen, alveolärer Epithelhyperplasie und interstitiellem Emphysem.
 

Epidemiologie:
Die Krankheit tritt spätestens drei Wochen, meist schon innerhalb von zwei Wochen nach Wechsel auf eine bessere Weide auf. Verstärkte Düngung der Weiden scheint ihre Gefährlichkeit im Hinblick auf fog fever zu erhöhen.

Die Letalität beträgt bei deutlich erkrankten Tieren etwa 30 %; insgesamt beträgt die Mortalität in betroffenen Herden etwa 3 %. Die meisten Todesfälle treten innerhalb von zwei Tagen nach Auftreten der Erscheinungen ein; spätere Todesfälle können nach Aufregungen oder Anstrengungen vorkommen.
 

Klinische Erscheinungen und Verlauf:
Die Tiere sind offensichtlich schwer erkrankt, aber aufmerksam, zum Teil erregt und zeigen ausgeprägte exspiratorische Dyspnoe, oft mit exspiratorischem Stöhnen, aber keinen Husten. Vielfach besteht starker Speichelfluß. Trotz offensichtlicher Dyspnoe ergibt die Auskultation mitunter wenig Spektakuläres (Emphysem?) sonst dorsal feines Knattern oder Knacken (Krepitation) und ventral "Brodeln". Manche Tiere haben ein subkutanes Emphysem. Zyanose wird nur in terminalen Stadien beobachtet.

Bei den anderen erkrankten Rindern kommt es nach drei Tagen zu deutlicher Besserung des Zustandes; danach schreitet die Heilung im Verlauf von zwei oder drei Wochen allmählich fort. Mit nachlassender Dyspnoe kehrt der Appetit zurück.
 

Therapie:
Der Abtrieb oder Abtransport erkrankter Tiere von der Weide birgt mehr Gefahr als das Belassen auf der Weide.

Unter experimentellen Bedingungen waren Glukokortikoide und nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) unwirksam. STÖBER empfiehlt die intravenöse Verabreichung von Vitamin C und Ca-boroglukonat. BREEZE empfiehlt Furosemid 0,4 - 1,0 mg/kg i.v. oder i.m. alle 12 Stunden.

Mit der oralen Gabe von Monensin lässt sich die Krankheit verhindern, weil die Bildung von 3MI im Pansen reduziert wird.
 

PubMed
 



 

Letzte Änderung: 04.10.2016



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