'Hämorrhagische Septikämie'
(HS, „Wild- und Rinderseuche“)


Hemorrhagic septicemia

W. Klee

 

Das Wichtigste in Kürze

Meist perakut tödlich verlaufende Septikämie mit Fieber, ausgedehnten Blutungen und Ödemen.
Erreger sind bestimmte Serotypen von Pasteurella multocida.


Erreger Therapie
Epidemiologie Prophylaxe
Pathogenese und klinische Erscheinungen Ausgewählte Informationen im Internet
Diagnostik  
   

 

Erreger:
Bestimmte Serotypen von Pasteurella multocida, einem gramnegativen, aeroben Bakterium aus der Familie der Pasteurellaceae. Andere Gattungen dieser Familie mit Bedeutung für die Buiatrik sind Mannheimia, Histophilus, Bibersteinia, Actinobacillus. Die Nomenklatur P. multocida ist etwas verwirrend. Es werden drei Subspecies, fünf Serogruppen (A, B, D, E, F auf der Basis von Kapselantigenen) und 16 Serotypen (auf der Basis von Zellwandantigenen) unterschieden. Isolate aus dem Atmungstrakt gesunder und pneumoniekranker Rindern sind meist aus der Serogruppe A und werden als Sekundärerreger angesehen. Erreger der Hämorrhagischen Septikämie werden nach einer der beiden gebräuchlichen Nomenklaturen (Carter-Heddleston) B:2 (Schwerpunkt Asien, Südosteuropa) bzw. E:2 (Schwerpunkt Afrika), nach der anderen (Namioka-Carter) als 6:B bzw. 6:E bezeichnet. Es können aber auch andere Serotypen Krankheiten verursachen, die sich kaum von HS unterscheiden (septikämische Pasteurellose, Pasteurellensepsis).

Epidemiologie:
Befallen werden vor allem Wasserbüffel, Rinder, Wildwiederkäuer (z.B. Bisons und Saiga-Antilopen, unter denen es in Kasachstan 2013 einen verheerenden Ausbruch mit über 100.000 Todesfällen gegeben hat), insbesondere nach Beeinträchtigung der allgemeinen Infektionsresistenz. Wesentlich seltener sind Schafe, Ziegen, Yaks, Kamele, Schweine, Pferde, Esel, Elefanten betroffen. Erkrankungen durch die genannten Serotypen B:2 und E:2 bei Menschen sind nicht bekannt, wohl aber durch andere Serotypen.

Die Krankheit ist in manchen Gegenden endemisch. Seit 2010 trat sie in einigen Bundesländern im Norden von D bei Damhirschen, Rindern und Schweinen auf. Davor gab es seit Beginn des 20. Jahrhunderts keine dokumentierten Ausbrüche in Deutschland.
Asymptomatische Träger kommen vor.

Der Erreger wird inhaliert oder oral aufgenommen, entweder bei direktem Kontakt oder aus kontaminierter Umwelt. Allerdings ist der Keim außerhalb von Wirtsorganismen nicht lange überlebensfähig.

Pathogenese und klinische Erscheinungen:
Nach einer Inkubationszeit von 1 - 3 (bis 5) Tagen manifestiert sich die Symptomatik als Folge einer fulminanten Sepsis mit Gefäßschäden, (vermutlich) Verbrauchskoagulopathie und Endotoxinwirkung: „plötzliche“ Todesfälle, Fieber, starke Störung des Allgemeinbefindens, Dyspnoe, Speicheln, Nasenausfluss, multiple Blutungen, Ödeme, vor allem im Bereich von Kopf, Kehlgang und Vorbrust. Der Tod kann in weniger als 12 Stunden nach Auftreten von Krankheitserscheinungen eintreten.

Diagnostik:
Sollte die Krankheit in Zukunft wieder häufiger in Deutschland auftreten, wäre zunächst wichtig, sie ins diagnostische Repertoire aufzunehmen, also daran zu denken, wenn gehäuft plötzliche Todesfälle bei Wildwiederkäuern und Rindern auftreten. Differentialdiagnostisch ist auch Milzbrand in Betracht zu ziehen. Aus
frisch gestorbenen Tieren sollten heparinisiertes Herzblut und Nasentupfer zur Untersuchung eingeschickt werden. Der Nachweis von P. multocida in der Routine-Kultur reicht für den Nachweis der Krankheit jedoch nicht aus. Hierfür sind spezielle Untersuchungsmethoden notwendig.

Therapie:
Viele Antiinfektiva sind wirksam, jedoch nur, wenn sie in der initialen Fieberphase verabreicht werden. Tiere, die eindeutige Krankheitserscheinungen zeigen, sind meist nicht mehr zu retten.

Prophylaxe: 
Lebendimpfstoffe und inaktivierte Impfstoffe sind in endemisch betroffenen Regionen verfügbar, derzeit (November 2013) jedoch nicht in Deutschland. Die Wirksamkeit wird unterschiedlich eingeschätzt.

§: HS war in Deutschland anzeigepflichtig und ist es in Österreich noch (Stand 2013). Sie muss dem Internationalen Tierseuchenamt (OIE) gemeldet werden.

Ausgewählte Informationen im Internet:

http://www.oie.int/fileadmin/Home/eng/Animal_Health_in_the_World/docs/pdf/HAEMORRHAGIC_SEPTICEMIA_FINAL.pdf

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=cattle+hemorrhagic+septicemia

http://www.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_Politik_und_Verwaltung/Bibliothek_LAV/Veterinaermedizin/
veranstaltungen/fachgespraech/Vortrag_6_H%C3%A4morrhagische_Septik%C3%A4mie_Internetpr%C3%A4sentation.pdf

PubMed   



Letzte Änderung: 08.06. 2015


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