Dermatitis digitalis
(Mortellaro'sche Krankheit, Erdbeerkrankheit, digital dermatitis, hairy footwarts)
 
M. Metzner  
 

Weiterführende Informationen
 
 
zur Epidemiologie
zu den klinischen Erscheinungen
zur Bekämpfung
Literaturhinweise
 

Ätiologie:
In tieferen epidermalen Schichten wurden verschiedentlich treponemaartige Spirochäten beobachtet. Auch eine Beteiligung von Campylobacter faecalis und Bacteroides spp. (insbesondere Bacteroides levii) werden in Erwägung gezogen. Dichelobacter nodosus und Fusobacterium necrophorum, die Erreger, denen beim Krankheitsbild der Dermatitis interdigitalis eine entscheidende Rolle zukommen soll, wurden ebenfalls sporadisch aus DD-Läsionen isoliert.

zur Epidemiologie:
Felduntersuchungen (1993/94)  in norddeutschen Milchviehbetrieben zeigten, daß etwa 60 % der Betriebe betroffen waren. Die Prävalenz in befallenen Herden betrug durchschnittlich 12,5 % (Minimum: 1 %, Maximum: 52 %). Die Inzidenz war in den Monaten Januar bis März und Juni bis August am höchsten. Die Krankheit wurde bereits in mehreren Ländern West- und Osteuropas, Nord- und Südamerikas, Asiens und des mittleren Ostens beobachtet.
 

zu den klinischen Erscheinungen:
Weitere, dem Krankheitsbild der DD zugeschriebene Befunde, sind: blutiges Exsudat, Hyperkeratose, Bildung schwarz pigmentierter Krusten (v.a. nach lokaler Anwendung von Antibiotika -> Heilungsphase), überlange, oft abstehende Haare und vermehrtes Wachstum des Sohlenhorns.
In der Vergangenheit wurde auch eine Hauterkrankung mit gleicher Lokalisation unter dem Namen "Dermatitis verrucosa" beschrieben. Proliferative Hautveränderungen, teilweise mit langen filamentösen oder blättchenähnlichen Auswüchsen können auch zum Komplex der DD gehören (Hairy footwarts). Dieses Krankheitsbild wird heute als chronische Form der DD eingeordnet. Die ständige Reizung beeinträchtigt die Bildung des Ballenhorns und bewirkt Formveränderungen des Klauenschuhs (stark zerklüftetes Ballenhorn, Abnahme des Ballenhorns etc.). Durch Fehlbelastungen kann es in deren Folge zu anderen schwerwiegenden Erkrankungen kommen (z.B.: Rusterholz'sche Sohlengeschwüre).
 

zur Bekämpfung:
Im Ausland wird im Falle von großen Herden und hohen Prävalenzen eine Behandlung mittels Durchtreibeklauenbädern als vorteilhaft beschrieben. Dazu verwendete antibiotikahaltige Lösungen werden aus Oxytetrazyklin (5 - 6 g / Liter) oder Lincomycin (150 - 350 mg / Liter) hergestellt (man beachte hierzu § 13 AMG). Die Badwanne soll ausreichend lang (min. 1,8 m) und tief (min. 15 cm) sein, damit jede Klaue beim Durchschreiten mindestens zweimal eingetaucht wird. Der Aufbau wäre so anzulegen, dass alle Klauen bis zu den Afterklauen mit der Lösung benetzt werden und eine orale Aufnahme der Badlösung vermieden wird. Der Durchtrieb würde zweimal täglich 2 - 3 Tage lang durchgeführt werden. Bei Herden über 50 Tieren sollte das Bad mindestens einmal nach drei Durchtrieben gewechselt werden. Einige Autoren empfehlen, nach der Anwendung von antibiotikahaltigen Lösungen anschließend mit formalinhaltigen Bädern (zur Beachtung s.u.) fortzufahren (z.B. monatlich 3 Tage lang). Das wellenförmige Auftreten der DD im Jahresverlauf lässt es sinnvoll erscheinen, Behandlungsmaßnahmen zu Beginn der erwarteten Welle, also in den Monaten Januar und Juni, zu intensivieren. Antibiotikahaltige Klauenbadlösungen sind für das Rind in dieser Indikation und Applikationsart in Deutschland jedoch bisher nicht zugelassen (Stand: Okt. 2007, maßgebend ist das Arzneimittelgesetz in seiner aktuell gültigen Form!).

Zur Therapie geeignete Antibiotika sind zwar in anderer Indikation oder für eine andere der Lebensmittelgewinnung dienende Tierarten zugelassen, und könnten vom Tierarzt im Therapienotstand nach § 56 a Abs. 2 AMG eingesetzt werden. Der Therapienotstand wäre stets triftig zu begründen. Dies dürfte jedoch in der Regel nicht möglich sein, denn es stehen beispielsweise auch parenteral anwendbare Antibiotika, deren Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien belegt wurde, zur Verfügung. Darüber hinaus wären dann die Mindestwartezeit von 7 Tagen für die Milch und von 28 Tagen für das Fleisch einzuhalten (s. hierzu auch § 12 a TÄHV). Eine Anwendung umgewidmeter Arzneimittel erscheint deshalb bei milchgebenden Tieren in Deutschland zur Zeit nicht durchführbar.

Klauenbäder mit Kupfersulfat (5 %), Formaldehydlösung (4 Liter einer ca. 40 %igen Formaldehydlösung (=Formalin) auf 100 Liter Wasser) dürfen beim Rind in therapeutischer Indikation nicht angewandt werden. Darüber hinaus dürfte der Einsatz von Formaldehyd durch seine reizenden Eigenschaften beim Kontakt mit offenen Wunden zu erheblichen Schmerzen und Verschlimmerung des klinischen Bildes führen. Verschiedene Autoren beschreiben auch nur eine geringe Wirksamkeit formalinhaltiger und kupfersulfathaltiger Lösungen auf die Auftrittshäufigkeit der DD.

Rezidive können jedoch durch keines der genannten Therapiekonzepte sicher vermieden werden. Gewisse Hoffnungen werden in die Entwicklung von stallspezifischen Vakzinen gesetzt, die aus Isolaten von Bacteroides levii und anderen anaeroben Keimen hergestellt werden. Der endgültige Beweis ihrer Wirksamkeit steht jedoch noch aus.
 

Literaturhinweise:

§ 13 AMG Herstellung
§ 56 a Abs. 2 AMG Umwidmung / Therapienotstand
§ 12 a Abs. 2 TÄHAV Informationspflichten

Arzneimittelrecht: http://www.mluv.brandenburg.de/v/lbsvet/TEILE/E_INHALT.PDF

PubMed
 
 

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Letzte Änderung: 16.10.2007, Erstautor: Dr. M. Metzner, Aktueller Autor: Dr. M. Metzner


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