Das Wichtigste in Kürze
Nabelbrüche und Bauchbrüche können angeboren (durch
Bindegewebsschwäche) oder erworben (nach Trauma, chirurgischem Eingriff mit
Nahtdehiszenz; Abszess) sein. Die Behandlung besteht in der Exstirpation von
äußerem und innerem Bruchsack.
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Als Bruch (Hernia) wird die Ausstülpung von Eingeweiden durch eine
Bruchpforte in einen aus Haut und Unterhaut (äußerer) sowie Peritoneum (innerer)
Bruchsack bezeichnet. Je nach Lokalisation wird zwischen Nabelbruch (Hernia
umbilicalis, durch die Nabelpforte) und Bauchbruch (außerhalb des Nabels)
unterschieden. In den Bruchsack können Teile vom Netz, Därme und/oder Labmagen
(Pylorus), bei umfangreichen Bauchbrüchen (Hernia abdominalis) auch
Pansen und Gebärmutter, hineingleiten. Brüche können angeboren oder erworben
sein. Bei den angeborenen Brüchen soll eine genetisch bedingte
Bindegewebsschwäche die Ursache für die Bruchbildung sein, weshalb vor der
Entscheidung zu einem chirurgischen Eingriff der Tierhalter auf eine mögliche
Vererblichkeit hinzuweisen ist. Erworbene Brüche entwickeln sich erst Wochen
nach der Geburt und können sich in Folge von Abszessen, Traumata oder
Nahtdehiszenzen bilden.
Im Nabelbereich kann noch zwischen Omphalozele (mit über den Nabelring
hinausreichendem Bauchwanddefekt) und Nabelstrangbruch (Einstülpung in die
Nabelschnur hinein) unterschieden werden. Kleinere Nabelstrangbrüche bilden sich
meist innerhalb der ersten Lebenswochen spontan zurück. Allerdings kann es
insbesondere bei ihnen zur Inkarzeration des Bruchinhalts kommen und einen
raschen chirurgischen Eingriff erfordern (Ileusgeschehen).
Die Diagnostik kann durch Palpation der Umfangsvermehrung erfolgen. Bei unkomplizierten Brüchen ist der Bruchinhalt vollständig reponierbar und die Bruchränder sind durchgängig tastbar. Das Allgemeinbefinden ist ungestört. Bilden sich Verklebungen oder Verwachsungen zwischen Organen und dem inneren Bruchsack, ist der Inhalt nicht mehr vollständig reponierbar. Auch bei dieser Form ist das Allgemeinbefinden häufig noch ungestört. Nach Inkarzeration (Abschnürung) von Eingeweiden können, je nach betroffenem Organ, unterschiedliche Krankheitssymptome auftreten.
Die nachfolgenden Bilder zeigen ein sechs Monate altes Rind mit einem Bauchbruch (kaudal des Nabels). Mittels Palpation kann der Bruchinhalt vollständig reponiert werden und die Bruchränder sind vollständig abzutasten.
Fotos: M. Metzner
Echographie eines unkomplizierten Nabelbruchs und eines Nabelbruchs mit Inkarzeration von Dünndärmen.
Während beim unkomplizierten Bruch gute Darmmotorik erkennbar ist, zeigen die
inkarzerierten Därme nur gelegentlich und eingeschränkte (manchmal auch gar keine) Motorik.
Unkomplizierter Nabelbruch: Videosequenz, 9 Sek., 4,5 MB, MP4
Nabelbruch mit inkarzeriertem Dünndarmanteil: Videosequenz, 23 Sek., 10,7 MB, MP4
Echographie: M. Metzner
Verabreichung eines Antiinfektivums, Antiphlogese, Nahrungskarenz für 12 Stunden, Kalb in Rückenlage fixieren, antiseptische Vorbereitung des Operationsgebietes.
Der Eingriff dauert bei unkomplizierten Brüchen, je nach Ausdehnung, 20 - 40 Minuten. Als Anästhesie können Totale Intravenöse Anästhesie (TIVA), mit rhombenförmiger Umspritzung des Nabels mit einem 2%igem Lokalanästhetikum, hohe Epiduralanästhesie oder Inhalationsanästhesie genutzt werden.
Die nachfolgende Beschreibung bezieht sich auf Nabelbrüche oder in der
Medianen gelegene Bauchbrüche. In anderen Bereichen gelegene Hernien erfordern
je nach Lokalisation und Ausdehnung unterschiedliche Techniken.
Zunächst wird die Haut mit einer
Hakenzange gefasst und nach oben gezogen (dadurch wird ein intraabdominales Vakuum aufgebaut).
Die Haut wird im Bruchbereich spindelförmig umschnitten und die Subkutis zum Rand hin von der Bauchfaszie abpräpariert. Seitlich vom
Bruch wird die Faszie inzidiert. Das Peritoneum wird durchtrennt oder mit einer Moskitoklemme durchstoßen.
Die Öffnung wird dann vorsichtig erweitert, bis der intraabdominale Bruchbereich mit einem
Finger exploriert werden kann. Bei Inkarzeration von Organen kann nun palpatorisch festgestellt werden, um welche Organe es sich dabei handelt.
Anschließend wird (bei einem Nabelbruch) mit dem Finger die Nabelvene kranial von der Bauchwand abgelöst,
ligiert und durchtrennt.
Nun wird der gesamte Bruchsack spindelförmig umschnitten und entfernt.
Bauchhöhlenverschluss: Entweder Matratzennaht und anschließend Kürschnernaht oder nur eine Kürschnernaht mit resorbierbarem oder nicht-resorbierbarem Nahtmaterial (z.B.: geflochtener Polyglykolsäurefaden, metric 6 bzw. Supramid, metric 6). Subkutannaht: fortlaufend (z.B.: geflochtener Polyglykolsäurefaden, metric 6), dabei ist darauf zu achten, dass ggf. das Präputium wieder an seine ursprüngliche Position kommt. Hautnaht: U-Hefte (Seide, metric 6) oder fortlaufende Naht nach REVERDIN (Nadelfadenkombination, z.B.: Dagrofil) und eventuell Hautfaltendecknaht.
Die nachfolgende Bildersequenz zeigt das Vorgehen bei einem Bauchbruch. Bei einem Nabelbruch wird analog vorgegangen.
Das Rind wurde in Rückenlage verbracht. Kaudal des Nabels zeichnet sich ein Bauchbruch mit einem Durchmesser von ca. 7 cm ab.
Die Reponierbarkeit des Bruchinhalts und die Ausdehnung der Bruchpforte werden überprüft.
Mittels Fasszange wird die Haut im Zentrum des Bruchs gefasst.
Der Schnitt wird etwas peripher der tastbaren Bruchpforte durchgeführt.
Das subkutane Bindegewebe wird mittels Schere nach METZENBAUM (oder mit dem Skalpell) von der Tunica flava nach peripher abpräpariert.
Blutende Gefäße können mit einer Arterienklemme gefasst und abgedreht werden.
Das Peritoneum kann mittels Moskitoklemme durchstoßen werden.
Digitale Exploration des peripheren intraabdominalen Nabelbereichs und des Bruchsacks.
Nach digitaler Exploration des OP-Gebiets (besonders auf Inkarzerationen und Verklebungen achten) wird unter Fingerschutz die Tunica flava mit dem Peritoneum im Bruchrandbereich umschnitten und der gesamte Bruchsack exstirpiert.
Bei jungen Kälbern ist die Nabelvene oft noch gut ausgebildet. Sie wird ligiert (die Vene wird dabei zweimal umschlungen, die zwischen den zwei Schlingen entstehende Gewebebrücke vermindert das Risiko des Abrutschens) und durchtrennt.
Unter der Wundöffnung wird das den Pansen bedeckende große Netz sichtbar.
Für den Wundverschluss wird ein Wundwinkel mit einer kräftigen Arterienklemme gefasst. Die Hand einer Hilfsperson drängt die inneren Organe zurück, damit das erste Heft unter Sichtkontrolle gesetzt und verknotet werden kann.
Tunica flava mit Peritoneum werden mittels Matratzennaht verschlossen. Hierfür sollte ein möglichst kräftiger und nicht resorbierbarer Faden (z.B.: Supramid, metric 8) verwendet werden. Alternativ kann auch direkt eine Kürschnernaht angelegt werden.
Nach der Matratzennaht wird über den Kamm eine Kürschnernaht angelegt (z.B.: z.B.: Supramid, metric 8).
Fertige Kürschnernaht.
Verschluss der Subkutis mittels fortlaufender Kürschnernaht (z.B.: geflochtener Polyglykolsäurefaden, metric 6 oder 8).
Fertige Subkutannaht.
Hautverschluss mittels U-Heften (z.B.: geflochtene Seide, metric 6 oder 8).
Zur Abdichtung kann die Wunde mit einem Sprühverband abgedeckt werden.
Fotos: M. Metzner
Die Heilungsaussichten sind insgesamt sehr gut.
Verabreichung eines Antiinfektivums für mindestens 5 Tage, Fortführung der Antiphlogese nach Bedarf.
Die Fäden der Kammnaht können 10 Tage nach dem Eingriff entfernt werden.
Wundinfektion, Nahtdehiszenz, Rezidiv.