Operation einer atresia ani
M. Metzner

Das Wichtigste in Kürze
Als atresia ani bezeichnet man eine Hemmungsmissbildung, bei der betroffenen Tieren der After teilweise oder vollständig fehlt. Durch den Eingriff wird versucht, unterhalb des Schwanzansatzes einen künstlichen Ausgang (Stoma) anzulegen.

1. Pathogenese und Indikation

Hemmungsmissbildung unbekannter Genese. Sie kann mit rektovaginaler oder -vesikaler Fistelbildung einhergehen. Eine Indikation zum Anlegen eines Stomas besteht, wenn kein oder zu wenig Kot abgesetzt werden kann.

2. Diagnostik

Betroffene Tiere zeigen Aufkrümmung des Rückens, pressen auf Kot, und der Leibesumfang nimmt zu. Der Kotabsatz fehlt (komplette atresia ani) oder Kot kann nur in geringer Menge herausgepresst werden (partielle atresia ani).  Von außen ist nur schwer abschätzbar, ob auch der Enddarm fehlt oder ob er als Blindsack unter der Haut endet (letzteres kann sich als eine Vorwölbung der Haut unterhalb des Schwanzansatzes bei abdominaler Kompression andeuten).

Tierbesitzer müssen vor einem Eingriff darauf hingewiesen werden, dass es in manchen Fällen nicht möglich ist den Blindsack aufzufinden, dass nach gelungenem Eingriff nur passiver Kotabsatz erfolgt und der perianale Bereich deshalb stark mit Kot verschmutzt sein wird (kein Schließmuskel vorhanden) und dass das Tier nicht zur Zucht verwendet werden sollte (Verdacht auf Vererblichkeit).

4. OP-Vorbereitung

Das Kalb wird in Rückenlage abgelegt und die Hinterbeine werden gestreckt nach kranial ausgebunden.
Vorbereitung des OP-Feldes im Bereich des Perineums.

5. Anästhesie

Injektions-, Inhalationsanästhesie oder hohe Epiduralanästhesie

6. OP-Durchführung

6.1 Beschreibung der OP-Durchführung

Ventral des Schwanzansatzes (an der normalen anatomischen Position des Afters) wird ein kreisrundes Stück Haut exzidiert, Durchmesser ca. 2,5 - 3,0 cm. Nach dem Durchtrennen der darunter liegenden Faszie versucht man durch stumpfes Präparieren den Blindsack aufzufinden und zu mobilisieren. Gelingt es das Darmende weit genug nach kaudal zu ziehen, kann versucht werden, das perirektale Gewebe mit dem subkutanen Gewebe zu vernähen. Anschließend wird der Blindsack eröffnet und der Rand der Darmwand mit der Haut zirkulär fortlaufend mit resorbierbarem Nahtmaterial (z.B. geflochtener Polyglykolsäurefaden, HRT37s, 70 cm, metric 4) vernäht.

6.2 Bilder zur OP-Durchführung

Atresia ani

 

Kalb mit atresia ani. Typisch sind die leichte Aufkrümmung des Rückens und das Abhalten des Schwanzes beim Pressen

 

Atresia ani

 

Weibliches Kalb in Rückenlage fixiert. An der dorsalen Kommissur ist eine deutliche Vorwölbung der Haut sichtbar.

Im vorliegenden Fall besteht eine weitere Missbildung in Form einer Ausstülpung der Haut dorso-lateral der Vulva

 

Atresia ani

 

Beim Druck auf die Vorwölbung ist kaum Widerstand erkennbar (Hautmissbildung wird durch Faden seitlich aus dem OP-Feld herausgezogen).

 

Atresia ani

 

Ein kreisrundes Stück Haut (Durchmesser ca. 2,5 - 3,0 cm) wurde exzidiert.

 

Atresia ani

 

Durchtrennung der Faszie genau in der Medianen.

 

Atresia ani

 

Das stumpfe Präparieren erfolgt unter Zuhilfenahme einer Klemme, die gespreizt wird.

 

Atresia ani

 

Das kaudale Ende des Blindsacks wurde gefasst und durch stumpfes Präparieren der Umgebung mobilisiert. Es kann aber nicht weit genug nach kaudal gezogen werden. Auf Vernähen des perirektalen Gewebes mit der Subkutis wird deshalb in diesem Fall verzichtet.

 

Atresia ani

 

Beim Eröffnen des Blindsacks wird der Rand sofort mit mehreren Klemmen gefasst. Das erleichtert das anschließende Vernähen der Darmwand mit der Haut, denn während des Nähens quillt ständig Mekonium hervor und behindert die Sicht.

 

Atresia ani

 

Fertige Zirkulärnaht (geflochtener Polyglykolsäurefaden, HRT37s, 70 cm, metric 4). Aus dem Stoma quillt Mekonium hervor.

 

Fotos: M. Metzner

7. Nachsorge

Abdecken der Peripherie mit einer Wundsalbe oder einem Sprühverband, Verabreichung eines Antiinfektivums für mindestens 5 Tage, Fortführung der Antiphlogese nach Bedarf.

Auf Entfernen der Fäden sollte verzichtet werden.

8. Komplikationen

Wundinfektion.

Die Heilungsaussichten sind insgesamt sehr gut. Allerdings sollten die Tiere nur zur Mast verwendet werden. Da die Spinkterfunktion fehlt, quillt unkontrolliert Kot hervor, und der Analbereich der Tiere ist ständig kotverschmutzt.